Auch historische Dokumente haben belegt, dass die Urchristen von den verschiedensten römischen Kaisern auf das grausamste unterdrückt wurden. In dem Brief, den der römische Gouverneur Pilinius (69-113 n.Chr.) aus Nordwestanatolien an Kaiser Trajan schrieb, ist die Rede von "den Anhängern Jesus Christus die bestraft wurden, weil sie die Statue des Kaisers nicht angebetet haben". Dieser Brief ist eines der wichtigsten Dokumente, das uns über die damalige Christenverfolgung Auskunft gibt. Die Jugendlichen, die in dieser Atmosphäre dazu aufgefordert wurden, anstelle von Allah dem Kaiser oder einem antireligiösen System Folge zu leisten, sahen dies nicht ein und sagten:
... "Unser Herr ist der Herr der Himmel und der Erde. Niemals rufen wir außer Ihm einen (anderen) Gott an. Wahrlich wir würden sonst etwas Unsinniges von uns geben.
Fast alle christlichen Quellen sind der Meinung, dass die Höhle der Jünger sich in Ephesus befindet. Auch einige Islamwissenschaftler und Qurankommentatoren teilen diese Meinung. Andere versuchen zu beweisen, dass sich die Höhle der Siebenschläfer in Tarsus befand. Wir werden hier beiden Möglichkeiten nachgehen. All diese Forscher und Kommen-tatoren stimmen darin überein, dass sich die Geschichte in der Zeit des römischen Kaisers Decius (oder Decianus), etwa 250 n.Chr. ereignet hat.
Decius und Nero sind die römischen Kaiser, die die Christen am schlimmsten tyrannisiert haben. In der kurzen Periode, in der Decius an der Macht war, hat er ein Gesetz erlassen, das alle Untertanen verpflichtete, den römischen Göttern zu opfern. Die Erfüllung dieser Opferpflicht als Götzendienst musste schriftlich belegt und auf Verlangen den Staatsbeamten vorgezeigt werden. Wer sich dem Gesetz nicht fügte, erwartete die Todesstrafe. Die christlichen Quellen besagen, dass ein erheblicher Teil der Christen diesen Götzendienst zu vermeiden suchte, indem sie "von einer Stadt in die andere" flüchteten oder sich an geheimen Zufluchtsorten versteckten. Die Siebenschläfer sind höchstwahrscheinlich eine rechtschaffene Gruppe unter diesen Christen.
Das Geschehnis ist von christlichen und muslimischen Historikern und Kommentatoren im geschichtlichen Stil erzählt und infolge zahlreicher erfundener und hinzugefügter Berichte in eine Sage umgewandelt worden. Doch das Ereignis ist und bleibt eine historische Tatsache.
![]() ![]() Das Innere der Höhle in Ephesus, in dem die Siebenschläfer Zuflucht gefunden haben sollen. |
Die älteste Quelle, die über das Geschehnis berichtet ist der syrische Mönch Saruclu James. (Geburtsjahr 452 n.Chr.) Der berühmte Historiker Gibbon hat in seinem Buch "Der Untergang des Römischen Reiches" James sehr viel zitiert. Danach ist der Name des Königs, der die sieben christlichen Jugendlichen quälte und sie somit zur Flucht zwang, Kaiser Decius. Decius war zwischen 249 und 251 n.Chr. an der Macht. Seine Regierungsperiode ist für Folterungen berüchtigt, die an den Anhängern von Jesus verübt wurden. Nach muslimischen Kommentatoren heißt der Ort, an dem sich der Fall ereignet hat, "Aphesus" oder "Aphesos",bei Gibbon ist es Ephesos. Die Stadt liegt an der Westküste Anatoliens und war zu ihrer Zeit einer der größten Häfen und eine der größten Städte des römischen Reiches. Ihre Ruinen sind noch heute zu besichtigen.
Nach muslimischen Forschern ist der Name des Kaisers, in dessen Regierungsperiode die Jugendlichen aus ihrem langen Schlaf erwacht sind, Tezusius, nach Gibbon hingegen heißt er Theodosius II. Dieser Kaiser war in den Jahren 408-450 n.Chr. auf dem Thron, nachdem das Römische Reich die christliche Religion zur Staatsreligion erhoben hatte.
In einigen Auslegungen des folgenden Quranverses wird betont, dass der Eingang der Höhle nördlich lag und aus diesem Grund kein Tageslicht hereinließ. Somit war es auch nicht möglich, dass jemand, der an der Höhle vorbeiging, hineinblicken konnte. Im Quran heißt es:
Sieben Jugendliche, die im Jahre 250 v.Chr. in Ephesus lebten, wählten das Christentum und lehnten den Götzendienst ab. Die Jugendlichen, die Zuflucht suchten, fanden am nördlichen Abhang des Berges Pion eine Höhle. Die römischen Soldaten ertappten sie dabei und bauten am Eingang der Höhle eine Mauer.45
Bei den Ausgrabungen, die das österreichische Archäologieinstitut im Jahre 1926 in diesem Gebiet durchführte, stellte man fest, dass die Ruinen am östlichen Abhang des Berges Pion dem Bauwerk angehören, das Mitte des V. Jahrhunderts (Periode von Theodosius II.) im Namen der Siebenschläfer errichtet wurde.46
Die Ansicht, dass es sich bei diesem Ort um Tarsus handelt, wird von vielen islamischen Gelehrten vertreten. Tabari, einer der berühmtesten Qurankommentatoren, bezeichnet in seinem Buch "Tarikh-al Umam" den Berg, in dem sich die Höhle der Siebenschläfer befindet, als "Bencilüs" und meint, er befände sich in Tarsus.47
Muhammed Emin, auch ein bekannter Kommentator, ist der Meinung, der Berg hieße "Pencilüs" und befände sich in Tarsus. Der Name, der "Pencilüs" ausgesprochen wird, wird manchmal auch als "Encilüs" gebraucht. Muhammed Emin meint, dass der Unterschied in der Aussprache des "p" Lautes liege, oder durch den Buchstabenverlust entstehe, der als Lautverschiebung bezeichnet wird.48
Und Fahreddin Razi, wiederum ein bekannter Qurangelehrter, schreibt in seinem Werk, "auch wenn dieser Ort als Efsus bezeichnet wird, ist eigentlich damit Tarsus gemeint, denn Efsus ist ein anderer Name von Tarsus."49
In den Quranauslegungen von Kadi Beyzavi, Nesefi, Dschelaleyn, Tibyan, Elmalili, Ö. Nasuhi Bilmen und vieler anderer Gelehrter kommt der Name dieses Ortes als "Tarsus" vor. Außerdem erklären diese Gelehrten den im 17. Quranvers vorkommenden Satz "als die Sonne aufging, richtete sie sich von rechts nach ihrer Höhle, als sie unterging, schnitt sie sie von links" so, dass der Eingang der Höhle auf diesem Berg im Norden liegt.50
Man hat sich für den Ort, an dem die Siebenschläfer gelebt haben, auch in der Periode des osmanischen Reiches interessiert und diesbezüglich Forschungen durchgeführt. In den osmanischen Archiven, gibt es darüber eine Reihe von Korrespondenzen und Informationen. In einem Brief, den die Regionalverwaltung von Tarsus an den Schatzmeister des Osmanischen Reiches geschickt hat, wird eine Gehaltsanweisung für diejenigen, die sich um den Schutz und die Sauberkeit der Höhle der Siebenschläfer auf dem Berg Bencilus in Tarsus kümmern, beantragt. Als Antwort auf diesen Brief ist mitgeteilt worden, dass bevor die geforderten Gehälter von der Staatskasse gezahlt würden, zuerst erforscht werden müsse, ob dies tatsächlich der Ort sei, an dem die Siebenschläfer gelebt haben. In einem vom Parlament in Auftrag gegebenen Forschungsbericht wurde Folgendes zum Ausdruck gebracht: "Nördlich von Tarsus, einer Stadt in der Provinz Adana, in einer Entfernung von zwei Stunden liegt ein Berg, auf dem sich eine Höhle befindet, deren Eingang entsprechend der Quranaussage im Norden liegt."51
Die Fragen wer die Siebenschläfer waren, wann und wo sie gelebt haben, brachte die Wissenschaftler dazu, diesbezüglich Forschungen anzustellen. Somit entstanden zahlreiche Kommentare zu diesem Thema. Doch keiner dieser Kommentare ist definitiv und in diesem Zusammenhang können auf die Fragen, in welchem Zeitabschnitt diese gläubigen Jugendlichen gelebt haben, oder wo sich die Höhle, die in den Quranversen erwähnt wird, genau befindet, keine endgültigen Antworten gegeben werden.

